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Rapé - Heilige Medizin

Rapé ist eine heilige Medizin und sollte mit Respekt, Demut, reinem Geist und guter Absicht verwendet werden.

 

Rapé ist eine heilige schamanische Medizin, die von Heilern des Amazonasbeckens seit Tausenden von Jahren verwendet wird. Im Laufe der Zeit hat sich der Rapé zu einem bedeutenden Element der Stammeskulturen und ihrer Geschichte entwickelt. Diese komplexe Tabakmischung, die aus pulverisierten Pflanzen besteht, wird von südamerikanischen Schamanen als heilige und ganzheitliche Medizin genutzt. Im Schamanismus gibt es eine enge Verbindung zwischen Tabak und spirituellen Praktiken, die weit entfernt von unseren heutigen Konsumgewohnheiten sind. Indigene Stämme nutzen Tabak bei Ritualen, um sich mit der Natur und den Geistern der Natur zu verbinden, für spirituelle Zwecke wie Visionssuche und Trance sowie für Heilung auf verschiedenen Ebenen. Die Verwendung von Tabak bei südamerikanischen Stämmen wie den Kaxinawá, Nu-nu, Yawanawá und Katukina ist tief in ihre Kultur verwoben und hat sich spätestens mit der Mayakultur entwickelt, insbesondere für rituelle und medizinische Zwecke.

 

Rapé wird in der Regel aus einer potenten Tabakart hergestellt, wie Nicotiana rustica, manchmal auch Nicotiana tabacum. Neben Tabak enthält die Rapé-Mischung häufig pulverisierte und gesiebte Blätter sowie fein gemahlenes Pflanzenmaterial oder alkalische Asche von Kampfer, Zimt, Tonkabohne, Klee, Bananenschale, Kakao und Minze. Zusätzlich gibt es weitere spezielle Zutaten, die jedoch ein Geheimnis derjenigen Schamanen bleiben, welche die Mischung herstellen.

 

Wirkungen und Gebrauch von Rapé

Die Kunst des Rituals erfordert gewöhnlich zwei Personen. Mittels eines Blasrohrs aus Holz oder Knochen wird das Pulver tief in die Nasenlöcher der Empfängerin oder des Empfängers eingeblasen. Diese schnelle Form der Rapé-Insufflation ermöglicht es, den Geist zu fokussieren, das endlose Plappern der Gedanken zu stoppen und den psychischen Raum zu öffnen, um spirituelle Zwecke zu erfüllen. Rapé hilft, emotionale, physische und spirituelle Leiden und Krankheiten loszulassen, Negativität und Verwirrung zu mildern und ermöglicht eine gründliche Erdung des Geistes. Schamanen verwenden Rapé auch, um ihre Energiekanäle und die Verbindung zu ihrem höheren Selbst neu abzustimmen und zu kalibrieren und um ihre Verbindung mit der Welt und dem Universum zu stärken. Rapé hilft, den Körper zu entgiften und Schleim, Toxine und Bakterien zu eliminieren und kann bei der Behandlung von Erkältungen und Schnupfen hilfreich sein. Darüber hinaus besitzt Rapé durch das darin enthaltene Nikotin stimulierende Effekte, die Epinephrin (Adrenalin), Acetylcholin und Dopamin im Körper freisetzen. Dies trägt wiederum zu einem fokussierten Geist, vollständiger Präsenz und Intuition bei.

 

Rapé dringt tief in die Nasenlöcher ein, besei­tigt festsitzenden Schleim und hat außerdem stark antibakterielle Eigenschaften. Es gibt spezielle Sorten, die eigens dafür hergestellt werden, Grippe und andere Erkrankungen zu therapieren. Zudem kann der im Rapé enthaltene Tabak die Heilkräfte ande­rer Pflanzen verstärken. Tabak kann – und das wissen die wenigsten – auch ein Halluzinogen sein; er ent­hält zwei Alkaloide, Harman und Norharman, die zur chemischen Stoffklasse der Beta-Carboline gehören. Diese Beta-Carboline sind Monoaminooxi­dase-Hemmer (MAO-Hemmer), die antidepressive und stimulatorische Effekte herbeiführen.

 

Das in Rapé enthaltene Nikotin erhöht den Blutfluss im Gehirn und bewirkt die Freisetzung von verschiedenen stimulativen Neurotransmittern, z.B. Adrenalin, Acetylcholin und Dopamin, die den Geist für höhere Kommunikation und ein ganzheitliches Denken und Fühlen öffnen. Rapé soll überdies fähig sein, die Zirbeldrüse (Epiphyse) zu entkalken, die gesunde Funktion der Drüse zu unterstützen und die Melatoninproduktion zu erhöhen. Die Zirbeldrüse synthetisiert unser Schlafhormon Melatonin (N-Ac­etyl-5-Methoxytryptamin), gilt als «Sitz des Bewusstseins» und könnte auch an der körpereige­nen DMT-Produktion beteiligt sein. Dieser Einfluss von Rapé auf die Epiphyse ist bisher allerdings nicht wissenschaftlich nachgewiesen.

 

Vor der Einnahme ist es günstig, einen meditativen Zustand zu erreichen. Man kann vor der Insufflation entweder eine Frage stellen oder einer Intention Ausdruck verleihen, man kann aber auch genauso gut geöffnet und ohne weitere Absichten in das Ritual gehen und einfach die heilsamen und transformativen Energien aufnehmen und für sich arbeiten lassen. Die Absicht kann sein, Einsichten, Gesundheit oder energetische Transformation zu erlangen; aber auch jede andere reine Motivation, die auf spirituelles Wachstum und Heilung abzielt, kann die Grundlage eines Rapé-Rituals darstellen.

 

Wenn unsere Intention klar ist, bitten wir das Universum und die geistigen Helfer um Beistand. Wir inhalieren nun den Rapé zunächst durch das linke Nasenloch. Dies symbolisiert den Tod. Anschließend inhalieren wir eine gleich große Portion Rapé durch das rechte Nasenloch, was die Wieder­geburt symbolisiert. Nachdem das Ritual vollzogen ist, schließen wir die Augen, atmen lang­sam und tief und spüren, wie unser Geist sich öffnet und fokussiert. Wir versuchen nicht, unsere Erfah­rung zu verbalisieren, sondern konzentrieren uns auf unsere innere Welt, frei von störenden Gedanken, die nur das Ego nähren, und spüren die Energie, die uns die Medizin verleiht.

 

Herstellung von Rapé
Die Rapé Mischungen die zur Zeit bei speziellen Händlern erhältlich sind, kommen direkt von amazonischen Schamanen, wo sie als heilige Werkzeuge Verwendung finden. Diese machtvolle Medizin ist ein rares Gut; sie wird in zeremoniellem Rahmen aus heiligen Pflanzen rituell hergestellt. Die Hersteller von Rapé Mischungen sind erfahrene Schamanen, die über meisterliche Kenntnisse der amazonischen Dschungelflora verfügen. In einem Herstellungsprozess produziert er etwa 1–2 Kilogramm Rapé. Die rituelle Herstellung der Mischung kann mehrere Wochen lang dauern. Ein klassische Rapé Mischung besteht aus Tabak, diversen Wurzelrinden, Samen und Blättern sowie aus verschiedenen Pflanzenaschen. Der Tabak wird zunächst in kleine Stücke geschnitten und über einem kleinen Feuer getrocknet. Dann werden die getrockneten Pflanzenteile und Tabakblätter mit einem Mörser pulverisiert; Mörser und Stößel bestehen aus Rosenholz und verleihen dem Blend damit ein süßliches Aroma. Nach dem Zerkleinern der Ingredienzien wird die Mischung gesiebt und abermals gemörsert, bis ein ganz feines Pulver entsteht. Gewöhnlich arbeitet der Pajero, das Stammesoberhaupt, unter Einhaltung einer strikten Diät und im Zustand tiefer Trance, während er die Ingredienzien des Rapés komponiert und mischt. Die anderen Stammesmitglieder sind dafür verantwortlich, die Rapé-Pflanzen zu sammeln. Die Pflanzen und Pflanzenteile werden in der Sonne getrocknet oder geröstet und mehrfach durch feines Tuch gesiebt und gefiltert und schließlich miteinander vermischt. Früher hielt der Pajero allein ein Ritual für die fertige Mischung ab. Heute nimmt der ganze Stamm an der Zeremonie teil.

Erst seit kurzem teilen die indigenen Ethnien ihre Rapé Mischungen mit ausländischen Freunden, um das Wissen um diese Medizin weiterzugeben und damit zu erhalten. Allerdings bleiben viele der Zutaten ein Geheimnis der jeweiligen Stämme.

 

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