Zurück im Amazonas Regenwald. Ich liege in meiner Hängematte, der Dschungel lächelt mich an. Ich bin willkommen, hier gibt es keine Gefahr. Eine Libelle hält dirket vor meinem Gesicht an, hält inne und schaut mir ins Gesicht, während ihre halb durchsichtigen Flügel mit ihren Bewegungen ein Muster in die unsichtbarkeit der Luft malen wie in einer Vision, realer als ein Traum und doch irgendwie surreal erscheinend. Du siehst mich Mama Selva (Mama Dschungel) und ich sehe dich. Mein Verstand rebelliert noch einige Tage, etwa drei. Dann wird er stiller. Die Pflanzen laden mich ein anzukommen, Vertrauen zu fassen, bis ich mich sicher fühle. Die Liebe fließt durch meinen Körper. Alles ist gut und es gibt nichts weiter zu tun.
Als ich vor zwei Jahren das erste Mal beschloss nach Peru in den Dschungel zu fliegen, hatte ich Angst vor Dingen die mir nun vollkommen absurd vorkommen. Der große wilde Dschungel, mit giftigen Tieren und Pflanzen, Schamanische Arbeit in einer mir unbekannten Kultur. 10 Tage draußen schlafen in einem Tambo, ein mit Palmblättern überdachtes Brett auf Stelzen, auf dem eine Matratze liegt, das mit einem dünnen Leinentuch überspannt ist. Kein Strom, kein fließendes Wasser (außer dem Fluss). Pflanzensud trinken, zwölf Stunden Dunkelheit in der Nacht. Abgeschiedenheit, Schweigen, alleine sein. Den Tieren lauschen, dem Flüstern des Windes in den Bäumen und Palmen zuhören, im Fluss baden so oft man die Strömung auf der Haut spüren möchte, wie das streicheln liebevoller Hände auf dem Körper und ihn bittend die schweren und alten Energien mit sich zu nehmen. Die Sonnenstrahlen, die mich liebevoll umarmen und den Mond und die Sterne die ihr sanftes Licht wie fürsorgliche Blicke auf meinem Körper niederlassen.
Es war ein nach hause kommen. Das einzige das es schwer erscheinen lässt ist manchmal der Verstand der hier und da rebelliert. Das Denken als Problem und ich komme um das Fühlen zu lernen. Denn wir haben das Fühlen verlernt, weil wir uns Konzepte konstruiert haben die unser Fühlen unterdrücken. Wir haben die ganze Zeit angst davor zu sterben und weichen andauernd dem unausweichlich aus. Anstatt uns bewusst zu machen das wir in jedem Moment sterben und ewig Leben. Loslassen und vertrauene. Wir weichen dem Schmerz aus, ohne ihm ausweichen zu können, wir packen Konzepte, Ideen und Handlungen drüber, weil so unserer Verstand den ursprünglichen Schmerz nicht wahrnehmen muss. Es wäre der Schmerz der uns heilen kann, wenn wir das unausweichliche akzeptieren, aber lieber führen wir Kriege, leisten Widerstand und leiden mit einem Konzept das anscheinend besser erträglich ist als den Tod zu akzeptieren. Tod der nicht getrennt ist vom Leben. Leben und Tod tanzen in einem immerwährenden Tanz. Unendlichkeit. Wohl ist es die Unendlichkeit die scheinbar schwerer zu ertragenist als der Tod und auch der Tod ist nur ein Konzept. Unendlichkeit, Endlichkeit, Tod, Stillstand ist der Tod, heißt es doch. Irgendwie denken wir es gäbe ein Problem, aber es gibt kein Problem, es gibt überhaupt keine Problem, das einzige das Probleme konstruiert ist unser Ego, das sich dadurch selbst erfahren kann, und nur das Ego irgendwann stirbt, wenn unser Körper seinen Geist aufgibt und es begreifen muss das es in der Unendlichkeit kein Ego mehr geben kann.
Der Dschungel, die Natur zeigt mir mein wahres Selbst, Verbundenheit, Vibration, Liebe. Hier kann heilen was wund und schmerzhaft ist, hier fallen alle Konzepte ab, mein Ego weicht auf und mein Herz ist mit Demut und Dankbarkeit erfüllt. Mama Selva nimmt mich liebevoll in ihre Arme. Flüstert zu mir im Wind, hält mein Herz in ihren Händen, zeigt mir die Schönheit des allem innewohnenden Göttlichen.
Ich habe keine Angst mehr. Auch wenn ich nicht frei von ihr bin. Es ist eine Strömung, in meinem empfindungsfähigen Körper-Raum, so wie es auch Freude ist, die mich durchströmen kann. Ich löse mich von den Geschichten die mein Ego Konstruiert, wenn Strömungen in meinem Wahrnehmungsfeld auftauchen. In meinem Kopf werde ich keine Wahrheiten finden. Aber ich kann sie fühlen lernen. Ich werde wieder in den Dschungel fliegen, denn ich möchte weiter lernen von Mama Selva, ich möchte weiter den Weg der Heilerin gehen, dem voraus immer die eigene Heilung geht. Zurück zur Natur, heißt auch zurück zur eigenen Natur, zur wilden Kraft der Schöpfung. Und in dem ich dem Schmerz in mir erlaube zu sein, erlaube ich auch der Liebe zu sein. Tanzen mit der Unendlichkeit.
Jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden,
Ewiges ist nicht auf Erden
Als der Wandel, als die Flucht.
Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig still,
Wenn der Wind dich will entführen.
Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Laß es still geschehen.
Laß vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.
Hermann Hesse
Kommentar schreiben